Morgen wird entschieden: Brexit oder nicht?
Mittwoch, 22. Juni 2016
Morgen, am Donnerstag, den 23. Juni, werden die Briten eine historische Entscheidung treffen. Britische Staatsbürger werden landein, landaus ihre Stimme abgegeben und gemeinsam beschließen, ob sie noch weiterhin Teil der Europäischen Staatengemeinschaft bleiben wollen oder nicht. Was würde der Austritt des Inselstaates für europäische Flugreisende und ihre Passagierrechte bedeuten?
Fluggastrechte auf der Kippe
Grundsätzlich haben Reisende bei Flugausfällen, Verspätungen (ab 3 Stunden) oder Überbuchungen das Recht auf eine finanzielle Entschädigung. Diese ist in der EU-Verordnung 261/04 geregelt und treffen auf alle EU Mitgliedsstaaten zu - bisher auch Großbritannien. Mit dem Austritt des Inselstaates würden besonders britische Passagiere nun diese Rechte verlieren, aber auch Fluggäste aus Deutschland und anderen europäischen Ländern wären betroffen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Beispiel 1
Ein Flug von Frankfurt am Main nach London hat mehr als 3 Stunden Verspätung.
Bisher: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier (unabhängig von der ausführenden Airline).
Nach Brexit: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier(unabhängig von der ausführenden Airline).
Beispiel 2
Ein Flug von London nach Frankfurt am Main hat mehr als 3 Stunden Verspätung und
a) ausführende Airline ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in der EU (Lufthansa, KLM etc.)
Bisher: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier.
Nach Brexit: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier.
b) ausführende Airline ist eine Fluggesellschaft mit Sitz außerhalb der EU (United, US Airways etc.)
Bisher: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier.
Nach Brexit: Kein Anspruch auf Entschädigung. Warum? Bei einem Flug von einem Flughafen außerhalb der EU in die EU mit einer nicht-europäischen Airline ist die Fluggastrechteverordnung nicht anwendbar.
c) ausführende Airline ist British Airways (Sitz in England)
Bisher: Anspruch auf 250 Euro Entschädigung pro Passagier.
Nach Brexit: Kein Anspruch auf Entschädigung. Warum? Siehe zuvor: British Airways ist mit dem Brexit keine europäische Airline mehr und führt einen Flug von außerhalb der EU in die EU durch.
Beispiel 3
Ein Flug von Frankfurt am Main über London nach New York (egal wo die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz hat). Der erste Flug von Frankfurt nach London hat 1 Stunde Verspätung und der Anschlussflug von London nach New York wird verpasst. Mit dem Ersatzflug erreichen die Passagiere New York mit 4 Stunden Verspätung.
Bisher: Anspruch auf 600 Euro Entschädigung pro Passagier.
Nach Brexit: Kein Anspruch auf Entschädigung. Da der erste Flug weniger als 3 Stunden Verspätung hatte und das Verpassen des Anschlussfluges außerhalb der EU stattfand, wo die europäische Fluggastrechteverordnung nicht anwendbar ist.
Im Falle eines Brexits wäre zu erwarten, dass die Briten den gleichen Weg gehen, wie die Schweiz und mittelfristig ein Luftfahrtabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft abschließen. Auf diese Weise kann die Fluggastrechteverordnung auch auf Flüge zwischen Großbritannien und der Europäischen Union Anwendung finden, der Abschluss und die Umsetzung eines solchen Abkommens würde jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen und wie im Falle der Schweiz zusätzliche Detailfragen mit sich bringen.
Lässt der Brexit die Flugpreise steigen?
Es ist gut möglich, dass die Ticketpreise mit einem Austritt aus der EU um das doppelte steigen. Die EU hat Beschränkungen hinsichtlich der alten Luftverkehr Vereinbarung überarbeitet, um das Reisen innerhalb der EU Mitgliedsstaaten angenehmer und einfacher zu gestalten. Freier Wettbewerb herrscht somit zwischen den Fluggesellschaften und es war möglich neue Flugrouten einzuführen. Dadurch sanken die Flugpreise und viele Billigairlines konnten sich auf diese Weise etablieren und große Erfolge feiern.
Mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU wäre das Luftfahrtabkommen hinfällig und es müssten neue Vereinbarungen bezüglich dem Wettbewerb im Luftverkehr getroffen werden, was aller Wahrscheinlichkeit nach die Flugpreise ansteigen lassen würde. Im Worst-Case-Szenario müsste Großbritannien außerdem mit allen verbleibenden 27 Mitgliedstaaten einzeln verhandeln, ob - und wie - der jeweilige Luftraum von englischen Airlines genutzt werden darf. Dies würde sowohl beachtliche Zeit in Anspruch nehme, als auch spürbar zusätzliche Kosten mit sich ziehen. Von der Wettberwerbsveränderungen wären allen voran die britischen Fluggesellschaften um British Airways und easyJet betroffen.
Geschrieben von Team Flug-Verspaetet.de
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